Aktuelles Oktober 2013

31.10.2013

„Ministerium schwächt unsere Region“

31. Oktober 2013 | SVZ Ausgabe Lübz-Goldberg-Plau | Von: Ilja Baatz

Im Streit um den vollständigen Erhalt der Bahnverbindung Hagenow – Neustrelitz hat die in Lübz neu gegründete Widerstandsgruppe gegen die Schließung zwischen Parchim und Malchow ab Dezember 2014 jetzt für sie neue Erkenntnisse mitgeteilt.

Zunächst war sie der objektiv nachvollziehbaren Überzeugung, dass die Mehrkosten beim Ausbau der Strecke Rostock – Berlin zu großen Einsparungen zwingen, unter denen auch die Lübzer Region leiden solle, was man nicht hinnehmen dürfe (wir berichteten). Aus „gut informierten Kreisen“ habe die Gruppe nun erfahren, dass die Erhöhung der Ausbaukosten von 685 auf 850 Millionen Euro vermutlich wirklich nicht die wahre Ursache sei, wie es auch das Ministerium in seiner Stellungnahme gesagt hatte – zumindest nicht die vordringliche. „Wie es jetzt aussieht, verlangte die DB Regio AG nach Ausschreibung der Nord-Süd-Strecke einen so hohen Preis für ihre Leistungen, dass sich das Land – vorsichtig ausgedrückt – gewundert hat und nun nicht weiß, wie es die Forderungen bezahlen soll“, sagt Clemens Russell, Sprecher der Bürgerinitiative.

Um die auf mehrere Jahre verplanten so genannten „Bestellgelder“ aufzubringen, müsse man an anderer Stelle sparen. Dazu habe das Land bereits im Frühjahr 2012 im Amtsblatt der EU veröffentlicht: „Der vom Land vorgesehene Finanzrahmen hat sich nach dem Vorliegen des Ausschreibungsergebnisses aus dem Vergabeverfahren für das Teilnetz ‚Nord-Süd (Ost)‘ als zu eng erwiesen.“ Für die meisten verständlicher ausgedrückt bedeute dies nichts anderes, als dass das für die Strecken von Berlin nach Rostock und Stralsund eingeplante Geld nicht ausreicht. Dabei gehe es um jährlich rund 4,7 Millionen Euro. So sei es zu den Änderungen der im Bereich Parchim ausgeschriebenen Leistungen gekommen, die durch eine Anpassung der Leistungsinhalte nicht aufzufangen gewesen wären.

Damit nicht genug: Bei den Verkehrsleistungen rund um Rostock („Warnow-Netz“), für dessen S-Bahn-Leistungen seit Dezember 2012 ein neuer Vertrag gilt, müsse das Land jährlich ca. neun Millionen Euro mehr ausgeben. Ursache dafür seien zusätzlich bestellte S-Bahn-Fahrten sowie höhere Kosten durch fehlenden Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr. „Dadurch kann die DB Regio AG ihre hohen Monopolpreise durchsetzen“, empört sich Russell.

Auf der Strecke Hagenow – Neustrelitz fahren Züge der Ostdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft (ODEG). Schon in einem erst kürzlich mit unserer Redaktion geführten Gespräch teilte ihr Geschäftsführer Arnulf Schuchmann zudem mit, dass man die Verbindung Mirow – Neustrelitz bereits im Dezember 2012 eingestellt und auch Leistungen auf anderen Strecken eingeschränkt habe, etwa bei der Anzahl der Fahrten.

In der SVZ hatte Schuchmann damals erstmalig den Standpunkt seines Unternehmens dargelegt und war seitdem u. a. im Parchimer Verkehrsausschuss sowie im Kreistag bei der CDU-Fraktion auf deren Einladung hin zu Gast. Auf der jüngsten Kreistagssitzung votierten CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und die Linken geschlossen für den Erhalt der Bahnverbindung zwischen Hagenow und Neustrelitz.

In seinem Redebeitrag sagte der CDU-Abgeordnete Gerd Holger Golisz:

„Ich bin Lübzer und kritisiere die Abbestellung der Bahnlinie zwischen Parchim über Lübz nach Malchow durch das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung auf das Schärfste. Mit Landesentwicklung hat diese Entscheidung nichts zu tun!“ In Kapitel 6 der Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg vom 31. August 2011 sei zu lesen, dass im überregionalen Schienennetz die Strecken/Streckenabschnitte Wismar – Bad Kleinen, Rehna – Crivitz und Ludwigslust – Parchim – Lübz – Waren „vorrangig ertüchtigt werden sollen“, um die Erreichbarkeit der zentralen Orte zu verbessern. “

Diese Landesverordnung ist zwei Jahre alt und durch den Ministerpräsidenten und Herrn Schlotmann als zuständigem Minister unterzeichnet. Insofern ist die in Rede stehende Einstellung des Ministeriums nicht nachvollziehbar“, meint Golisz. „Was einmal weg ist, lässt sich nicht wiederbeleben. Landesentwicklung bedeutet meines Erachtens, unter den gegebenen wirtschaftlichen Umständen auch Kompromisse herbeizuführen, die nicht zur vollständigen Einstellung des Bahnbetriebs führen.“

Um zum Beispiel mit einer größeren Gruppe zur Gastronomie-Messe von Lübz nach Hamburg zu kommen, sei die Bahn auch für den Abgeordneten schon die beste Alternative gewesen. Selbst wenn man in Hagenow-Land umsteigen muss, fahre der Zug direkt bis zum Messegelände.

Ein weiteres sehr wichtiges Argument sei die Berufsschulverkehrsanbindung: „Die Ausbildung beginnt mit 16. In der Regel kann der Auszubildende in diesem Alter keine Fahrerlaubnis haben und sich auch kein Auto leisten. Die zukünftige Verbindung der Bahnhöfe zwischen Parchim und Lübz nach Westen durch ein Busangebot ist keine Weiterentwicklung des Personennahverkehrs, sondern eine starke Reduzierung.

Das Ministerium schafft ein Schienenloch östlich von Parchim und schwächt damit eine sowieso schon strukturschwache Region noch mehr.“ Insbesondere die Städte Lübz und Malchow und ihre Bürger bräuchten die Anbindung zu den Nachbarstädten, womit die Anbindung an das überregionale Schienennetz verbunden sei. Wer als Landesregierung mit immer mehr Zentralisierung Kosten sparen wolle, dürfe nicht gleichzeitig den Bürgern aus der Fläche die Chance nehmen, diese zentralen Orte auch zu erreichen.

Nachdem Minister Schlotmann die ursprüngliche Variante Parchim – Waren zu Parchim – Malchow revidiert habe, hoffe Golisz, dass es auch gelingt, ihn für den Erhalt der bestehenden Strecke zu überzeugen.

 

30.10.2013

Kostensteigerung nicht Grund für Bahn-Aus

Schweriner Infrastrukturministerium nimmt Stellung zu Kritik von Bürgerinitiative

29. Oktober 2013 | Schweriner Volkszeitung Ausgabe Lübz-Goldberg-Plau Von: Ilja Baatz

 

Für Clemens Russell, Sprecher der Widerstandsgruppe gegen die Schließung der Bahnstrecke zwischen Parchim und Malchow, sind die finanziellen Mehraufwendungen beim Ausbau der Bahnstrecke Rostock – Berlin Hauptgrund für die Planung in unserer Region. Mit dieser Aussage konfrontiert, sagte das Schweriner Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung dazu: „Die Kostensteigerungen beim Ausbau der Strecke Rostock – Berlin stehen in keinerlei Zusammenhang zur Entscheidung, keinen durchgehenden Schienenpersonennahverkehr (kurz SPNV) auf der Südbahn ab 2015 mehr zu bestellen.“

 

Man müsse wissen, dass die Strecke Rostock – Berlin Eigentum der DB-Netz sei. Mit Karow – Waren gehöre ein wesentlicher Abschnitt der Südbahnstrecke einem anderen Netzbetreiber. „Insofern kann die Finanzierung des einen mit dem anderen nichts zu tun haben“, heißt es in der Mitteilung weiter. „Auch gibt es für Nebenstrecken andere Finanzierungsquellen als bei Hauptstrecken, so dass eine Mittelübertragung von vornherein ausscheidet. Und Rostock – Berlin ist eine Hauptstrecke, während die Südbahn eine Regionalstrecke ist.“

Als „weiteren sachlichen Fehler in der Unterstellung der Bürgerinitiative“ nennt das Ministerium, dass das Land für die Bestellung von Leistungen im SPNV zuständig sei. Dazu erhielten die Länder die so genannten Regionalisierungsmittel vom Bund. Sie sind in ihrer Höhe gesetzlich zunächst bis Ende 2014 festgeschrieben. Die Länder bekommen eine festgesetzte Summe, die jährlich um 1,5 Prozent steige. Die realen Kostensteigerungen lägen jedoch bei rund 2,5 Prozent. Dies sei der Grund dafür, im Bereich des SPNV Einsparungen vornehmen zu müssen: „Dazu haben wir im vergangenen Jahr landesweit vier Prozent der Zugleistungen nicht mehr bestellt. Damit konnten rund 8,5 Millionen Euro eingespart werden – Grundlage, um weiterhin wirtschaftlich SPNV in unserem Land bestellen zu können.“

Durch den künftigen Einsatz von Bussen zwischen Parchim und Malchow spare das Land voraussichtlich über drei Millionen Euro jährlich. Damit bleibe man bei der notwendigen Zielstellung, nicht mehr auszugeben als einzunehmen. „Wir sparen also eigene, vom Bund zugeteilte Mittel bei der Bestellung von Verkehrsleistungen ein. Mittel, die wir an Eisenbahnverkehrsunternehmen ausgeben“, sagt das Ministerium. Demgegenüber stehen bei der Strecke Rostock – Berlin Ausgaben zum Ausbau von Infrastruktur, die nicht nur vom Bund, sondern auch von der Deutschen Bahn als Betreiber aufgebracht werden. Ziel sei, eine „bedarfsgerechte Anbindung zu sichern und in allen Regionen des Landes ein ökonomisch und ökologisch angemessenes Mobilitätsangebot zu machen“. Das sei jedoch keine Frage des Verkehrsmittels. Es gehe zukünftig nicht weiter, ohne die Effizienz im Öffentlichen Personennahverkehr zu steigern. Niemand dürfe die Augen vor den finanziellen Gegebenheiten verschließen, denen zufolge die Ausgaben im Bereich des SPNV deutlich schneller als die Einnahmen stiegen. Verkehrsverträge laufen hier über mindestens 12 Jahre und haben ein Volumen von vielen Millionen Euro.

Man müsse den Öffentlichen Verkehr in Mecklenburg-Vorpommern „strategisch neu aufstellen“. Die Landesregierung stehe grundsätzlich zum Verkehrsträger Bahn. Deshalb wolle es diese dort stärken, wo sie ihre Stärken habe. Die Bahn sei ein Massentransportmitttel. Die Fahrgastzahlen auf der Südbahn hingegen belegten, dass dort nur sehr wenige Fahrgäste befördert werden. Die Eisenbahn habe hohe Grundkosten und einen hohen Energiebedarf. Wenn man nicht ausreichend ausgelastete Züge verkehren lasse, sei dies ökonomisch aber auch ökologisch nicht sinnvoll.

Ein Gutachten zur Südbahn, das von den anliegenden Landkreisen beauftragt wurde, stelle sehr deutlich heraus, dass es auf ihr nur ein geringes Fahrgastpotential gebe und sich dieser Umstand perspektivisch nicht verbessern werde. Selbst bei einer Ausweitung des Angebotes, was sich nicht finanzieren lasse, seien „keine ausreichenden Fahrgastpotentiale zu erschließen“. Die entscheidende Passage im Gutachten laute: „Bei Betrachtung der strukturellen Rahmenbedingungen ist festzustellen, dass in allen Bereichen (Einwohner-, Pendler- und Schülerzahlen) geringe Basiswerte vorhanden sind. Aufgrund der vorliegenden Prognosen ist keine Verbesserung dieser Werte zu erwarten. Außerdem sind die zu möglichen Verlagerungspotentiale auf den Schienenverkehr als niedrig einzustufen.“

 

29.10.2013

„Ich erkenne auch eine miese Taktik“

28. Oktober 2013 SVZ Ausgabe Lübz-Goldberg-Plau

Auf bei den Organisatoren unerwartet gute Resonanz stieß am vergangenen Freitagabend der Aufruf zu einer Demonstration gegen die Stilllegung der Bahnverbindung zwischen Parchim und Malchow ab 2015 auf dem Lübzer Bahnhof (wir berichteten). Clemens Russell, Sprecher der in unserer Region neu gegründeten Widerstandsgruppe, war zu einem Interview mit SVZ-Redakteur Ilja Baatz bereit.

 

Was hat Sie dazu bewogen, den Widerstand im Raum Lübz ins Leben zu rufen?

 

Clemens Russell: Die Gefahr ist groß, dass Lübz vom Streckennetz der Bahn abgekoppelt wird – aus unserer Sicht eine schlimme Sache, die man nicht hinnehmen darf. In Malchow ist man schon lange gegen die Pläne aktiv, was Wirkung gezeigt hat: Minister Schlotmann hat unseren dortigen Freunden nun wieder einen Bahnanschluss zugesagt, weil – davon bin ich überzeugt – der Widerstand lautstark war.

Könnte die gezeigte Form der Willenbekundung nach Ihrer Meinung weitere Zugeständnisse auslösen?

 

Auf jeden Fall bin ich mir sicher, dass wir uns in Lübz und Umgebung ebenfalls entsprechend zu Wort melden werden. Auch der Erfolg unserer ersten Demonstration ist ein Beleg dafür. Allerdings erkenne ich auch eine miese Taktik nach dem Motto „Teile und herrsche“: Das Ministerium gibt hier ein Leckerli und dort schwingt es die Peitsche, um den aufkommenden Widerstand zu brechen. Das wird bei uns nicht funktionieren! Wir arbeiten mit Malchow und Neustrelitz Hand in Hand.

Eine offizielle Begründung dafür, die Strecke zu schließen, ist die geringe Auslastung – für Sie kein Argument?

 

Ich fahre viel mit der Bahn und in der Tat wünsche auch ich mir an manchen Tagen mehr Gäste. Ich weiß aber auch von Fahrten zwischen Lübz, Parchim und Ludwigslust, bei denen ich kaum einen Sitzplatz fand. Morgens etwa, wenn besonders Berufsschüler nach Parchim fahren. Diese Zahlen weist das Gutachten auch aus. Allerdings habe ich nie einen Menschen gesehen, der uns Fahrgäste gezählt hat.

 

Warum misstrauen Sie der ins Auge gefassten Ersatzlösung, derzufolge Busse die Menschen ans Ziel bringen?

 

Von Ludwigslust etwa bis Parchim zunächst mit der Bahn, dort in das so genannte „flexible Bussystem“ und ab Malchow wieder weiter mit der Bahn, möglichst noch mit anderem Gepäck wie Fahrrad, Hund und Koffer. Nicht nur, dass ich den Minister fragen möchte, ob dies seine Vorstellungen von modernem Reisen sind, sondern dann ist auch der Blick auf die nähere Infrastruktur sehr interessant: In Lübz liegt der Busbahnhof knapp einen, in Parchim sogar etwa zweieinhalb Kilometer vom Bahnhof entfernt. Keine Abstimmung zwischen Bus und Bahn. Das kann nicht gutgehen! Niemand bei uns ist gegen Busse. Sie erschließen die Fläche und könnten hier noch viel mehr tun. Sie bringen zum Beispiel Fahrgäste zum Bahnhof, sollen aber keine Bahnen ersetzen. Nähme man die möglichen Verbesserungen in Angriff, könnten die Züge auch wieder voller werden.

 

Von Ihnen haben die meisten zum ersten Mal die Aussage gehört, dass sich die Verantwortlichen bei der Reparatur der Bahnstrecke Rostock – Berlin verkalkuliert haben und das Vorhaben viel teurer wurde als gedacht. Glauben Sie wirklich, dass dies entscheidenden Einfluss auf die Erhaltung der Strecke zwischen Hagenow und Neustrelitz hat?

 

Ja. 2006 war noch die Rede davon, dass die – unbestritten notwendige – Sanierung rund 685 Millionen Euro kosten wird. Nur fünf Jahre später waren daraus schon 850 Millionen geworden, allein die Kosten für den Bahnhof in Schwan stiegen von 3,5 auf fünf Millionen Euro. Dafür sollen wir jetzt bluten, was nicht funktioniert! Wir sehen kritisch, dass zum Beispiel bei der Vergabe der Bahnlinien die betriebswirtschaftlichen Grundlagen nicht zu durchschauen und Planungen auch deshalb nicht in Ordnung sind, weil Plan und Ist nicht übereinstimmen. Das Vergabesystem ist nicht transparent und nicht solide. Sonst würde man nicht Busse in beschriebener Struktur als Alternative nennen. Wie werden Menschen mit ihren Fahrrädern reisen, wie kommen die Schüler zur Berufsschule und die Älteren hier weg, wie werden Rollstuhlfahrer ohne dieses moderne Angebot mobil bleiben? Auf diese Fragen bekommen wir spärliche oder gar keine Antworten. Vom Minister heißt es nur, dass Einzelheiten noch der näheren Ausarbeitung bedürfen.

 

Fühlen Sie sich von der Politik im Stich gelassen?

 

Wir werden seit gut einem Jahr mit Gutachten, Entscheidungen und Festlegungen durch das Ministerium Schlotmann konfrontiert, die uns jetzt auch in Lübz auf die Straße gebracht haben. Für uns ist die vorgestellte Planung nichts anderes als Stückwerk für eine Region, die das Infrastrukturministerium offenbar schon abgeschrieben hat. Zwischen Parchim und Malchow möchte man mit Lübz, Passow, Gallin, Karow und Alt Schwerin fünf Bahnhöfe schließen – absurd. Einwohner zeigen, dass sie an der Zukunft dieser Region arbeiten, wofür die Bahnschließung ein Schlag in den Nacken wäre und auch für eine wirtschaftlich wie kulturell relativ gut aufgestellte Stadt wie Lübz ist sie als ganz schlechtes Signal zu werten. Gut ist, wenn jetzt möglichst viele Menschen auch im Internet über unsere Adresse www.proschiene-hagenow-neustrelitz.de für den Erhalt unterschreiben.

 

28.10.2013

120 Teilnehmer bei Demo auf dem Lübzer Bahnhof

SVZ Ausgabe Lübz-Goldberg-Plau Ilja Baatz 28.10.2013

Rund 120 Kinder, Männer und Frauen kamen am Freitagabend zum Lübzer Bahnhof, um mit ihrem Erscheinen dafür zu demonstrieren, dass die Bahnverbindung Hagenow – Neustrelitz unverändert erhalten bleibt. Eine Planung des Landes sieht vor, dass die Züge ab 2015 von Westen aus gesehen in Parchim enden, die Fahrgäste ab dort bis Malchow mit Bussen weiterfahren und dann wieder in den Zug steigen müssten. Im Bereich Lübz hat sich jetzt nach Malchower Vorbild ebenfalls eine Widerstandsgruppe formiert. Ihr Sprecher Clemens Russell zeigte sich von der Zahl der Demonstranten begeistert und sagte unter anderem: “Was wir wissen, ist, dass sich die Verantwortlichen bei der Reparatur der Strecke Rostock – Berlin mächtig verkalkuliert haben und die Sache deshalb über drei Millionen Euro teurer wurde als gedacht. Dieses Geld muss nun eingespart werden, und zwar auf unserer Strecke. Das lassen wir uns aber nicht gefallen, wir kämpfen um den Erhalt der Verbindung!” (ausführlich berichten wir in unserer nächsten Ausgabe).

 

24.10.2013

„BI Pro Schiene Mecklenburgische Seenplatte“

Presseerklärung

Keine Amputation der Mecklenburger Südbahn!

Rote Karte für Infrastrukturminister Schlotmann (SPD)

Nachhaltiger Erhalt und Ausbau des umweltschonenden Schienenverkehrs in MV!

In einer Pressemitteilung vom 10.10.13 verkündete Infrastrukturminister Volker Schlotmann die sogenannte „Müritz-Bahn“. Ab 2015 soll sie ganzjährig zwischen Malchow und Waren verkehren, wobei zwischen Parchim und Malchow unter Einbindung von Plau am See ein„flexibles Bussystem“ eingesetzt werden soll. Das alles diene der „Stärkung des touristischen Angebots in der Region“.

In Wirklichkeit ist es genau umgekehrt! Dieser Beschluss der Landesregierung bedeutet die Amputierung und Zerschlagung der Mecklenburger Südbahn in zwei Rumpfenden!

Damit wird die ganze Region der Mecklenburgischen Seenplatte von der wichtigen Ost-West- Anbindung abgeschnitten und die Attraktivität der Strecke weiter verringert. Es würde ein langsames Sterben der Bahn eingeleitet mit allen negativen Folgen für den Tourismus, die Menschen und die Umwelt der Region. Das ist für uns nicht akzeptabel!

Der durchgängige Erhalt der Mecklenburger Südbahn hat vor allem auch für eine mögliche Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene eine besondere Bedeutung, zumal immer mehr Gemeinden unter dem unverhältnismäßig wachsenden Gütertransport auf der Straße leiden mit allen Folgeschäden für Gesundheit, Immobilien, Straßen und Ökosystem.

Der Bus kann die Bahn nicht ersetzen! Er ist nicht in der Lage eine größere Zahl (über 60) an Reisenden mit Gepäck und Fahrrädern zu transportieren, noch verfügt er über einen vergleichbaren Komfort. Aus diesen Gründen hat sich ein Schienenersatzverkehr mit Bussen bisher in anderen Regionen in aller Regel als so unattraktiv herausgestellt, dass die Fahrten immer weiter ausgedünnt und schließlich – bis auf eventuellen Schülerverkehr – vollends eingestellt wurden. Übrigens ist die Stadt Plau am See bereits mit einer Buslinie (Meyenburg– Güstrow) mit der Bahnlinie verbunden (allerdings sind die Übergänge nicht abgestimmt).

Die Landesregierung setzt in ihrer Verkehrspolitik die falschen Prioritäten! Eine einseitig an den Bedürfnissen des Automobilverkehrs ausgerichtete Politik ist nicht zukunftsfähig. Wir brauchen ein integriertes Verkehrskonzept für ganz Mecklenburg- Vorpommern, das der Schiene Priorität einräumt zum Nutzen von Bewohnern, Touristen, der Umwelt und der wirtschaftlichen Entwicklung, das die verschiedenen Verkehrsträger sinnvoll miteinander vernetzt mit gemeinsamen Tarifen und Fahrkarten, optimal abgestimmten Fahrplänen zwischen Bus und Bahn und der Busse als Zubringer der Bahn! Dies erfordert:

• Die Notvergabe der Strecke für 2 Jahre mit der Bedienung wie im Jahr 2012, damit der durchgängige Bahnverkehr im Jahr 2015 möglich bleibt

• Den nachhaltigen Erhalt und Ausbau der Mecklenburger Südbahn und ihre Elektrifizierung zur Nutzung des billigen regenerativen Überschussstromes.

• Die Verbesserung der Attraktivität der Bahn durch Einführung des Ein-Stundentakt von 6 bis 24 Uhr, damit Freizeit- und kulturelle Aktivitäten mit öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht werden.

• Bessere Anbindung von Plau und Krakow an die Südbahn durch auf einander abgestimmte Fahrpläne! Integration des Schülerverkehrs in die Südbahn

Die Bürgerinitiativen „Pro Schiene“ aus Mirow, Malchow, Lübz sowie die betroffenen Gemeinden und Städte rufen zu einer Protestdemonstration zum nachhaltigen Erhalt und Ausbau der Mecklenburger Südbahn am

14.11.2013 in Schwerin vor dem Landtag auf.

Treffpunkt 10.30 Uhr Marienplatz (Schlosspark Center)

11.00 Uhr Protestkundgebung vor dem Landtag

 

17.10.13

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

 

KV Mecklenburgische Seenplatte

www.gruene-seenplatte.de

Pressemitteilung Südbahn

Landkreis Seenplatte wird weiter abgehängt

Mit der Mehrheit der Regierungskoalition im Landtag wurde in dieser Woche die Verstümmelung der Südbahn beschlossen. Aus der Südbahn von Hagenow nach Neustrelitz wird die Müritzbahn, die ganzjährig die Strecke zwischen Malchow und Waren in einem schlechten Zwei-Stunden-Takt bedient.

„Mit den geplanten 6 Zugpaaren kann in einem 2-Stunden-Takt entweder der Be- rufsverkehr nicht bedient werden, oder aber die Verbindung wird bereits vor Sonnenuntergang eingestellt“, so Jutta Wegner, Sprecherin des Kreisverbandes von BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Auch der Plan, die Strecke zwischen Parchim und Malchow mit einem flexiblen Bussystem zu bedienen, ist ein Schlag gegen die Touristiker in der Region Seenplatte, die sich bemühen, ein attraktives Angebot für Radverkehrstourismus anzubieten. „Wer in den Sommermonaten gesehen hat, wie gut gerade dieser Teil der Bahnstrecke von radfahrenden Urlaubern angenommen wird, kann die Entscheidung der Landesregierung bestimmt nicht nachvollziehen“, so Jutta Wegner. „Glaubt der Minister im Ernst, dass ein Radtourist mit der Bahn nach Schwerin kommt, um dann in den Fahrradbus nach Malchow umzusteigen und evtl. erneut mit der Bahn in die Seenplatte zu fahren? Ein attraktives Angebot braucht eine durchgehende Bahnverbindung von Bahnknoten zu Bahnknoten und keine Stummelstrecke.“

Beachtenswert ist aus Sicht des bündnisgrünen Kreisverbandes auch das Abstim- mungsverhalten der Landtagsabgeordneten von CDU und SPD aus der Region. Ha- ben sie noch im Kreistag nahezu einstimmig den Antrag zum Erhalt der Südbahn unterstützt, so stimmten sie nun im Landtag für die Einschränkung der Bahnlinie. Besonders enttäuscht sind die GRÜNEN, weil auch Optimierungsmöglichkeiten der Strecke, wie z.B. ein besserer Takt, der Anschlüsse an den Fernverkehr in Neustrelitz bzw.Schwerin ermöglicht hätte, keine Rolle bei der Entscheidung gespielt haben.

Für Rückfragen:

Jutta Wegner, Sprecherin Kreisverband Seenplatte

 

10.10.2013

Schlotmann: „Müritz-Bahn“ fährt ab 2015 ganzjährig zwischen Malchow und Waren

Nr. 171/13 – 10.10.2013 – EM – Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung

Auch nach 2015 wird zwischen Malchow und Waren (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) die Bahn fahren. Die sogenannte „Müritz-Bahn“ dient vor allem zur Stärkung des touristischen Angebots in der Region, sagte Infrastrukturminister Volker Schlotmann in der Sitzung des Landtages heute (10.10.2013) in Schwerin.

„Es gab eine Anhörung zum Thema Südbahn im Verkehrsausschuss. Vor der Anhörung gingen wir davon aus, dass die „Müritz-Bahn“ nur in der Saison verkehren wird. Im Ergebnis der Beratungen habe ich entschieden, dass die SPNV-Leistungen zwischen Malchow und Waren ganzjährlich bestellt werden“, so Volker Schlotmann.

Die „Müritz-Bahn“ wird Malchow und Neustrelitz mit Umsteigen in Waren verbinden. Vorgesehen sind sechs Fahrten in jede Richtung, wobei jeweils der Anschluss in Waren Richtung Berlin bzw. aus Berlin hergestellt werden soll. Der Minister: „Die Einzelheiten bedürfen noch der näheren Ausarbeitung, aber ich bin zuversichtlich, dass dies für die Region ein attraktives Angebot ist.“

Auf der Strecke zwischen Parchim und Malchow wird ein flexibles Bussystem eingesetzt. Dabei wird Plau am See neu in das Streckennetz mit eingebunden. „Es werden natürlich komfortable, barrierefreie Busse zum Einsatz kommen, die, zumindest in der Saison, auch die Möglichkeit einer Fahrradmitnahme bieten sollen. Prüfen werden wir auch, ob hier neue, ökologische Antriebsformen wie zum Beispiel Erdgas in Frage kommen. Auf jeden Fall trägt das Land die Kosten des Ersatzverkehres im Rahmen der geltenden Richtlinie“, sagte Schlotmann.

Ein Ausbau des Streckenabschnitts zwischen Parchim und Waren würde 47,5 Millionen Euro kosten. Der Betrieb eines Busses kostet das Land pro Kilometer rund zwei Euro, die Bahn je Kilometer rund zehn Euro.

Zielsetzung ist es, Verkehrsträger dort einzusetzen, wo sie ihre Stärken ausspielen und effizient eingesetzt werden können. Schlotmann: „So schaffen wir finanziellen Spielraum im System und setzen Verkehrsmittel nicht nur ökonomischer, sondern auch ökologischer ein.“

 

10.10.2013

NDR 1 Radio MV Stand: 10.10.2013

Linke scheitert mit Antrag auf Südbahn-Erhalt

Zwischen Parchim und Waren sollen ab 2015 Busse statt Züge fahren. Die Linke ist im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern mit ihrer Forderung gescheitert, die Mecklenburger Südbahn zu erhalten. Ein entsprechend lautender Antrag wurde am Donnerstag abgelehnt. Verkehrsminister Volker Schlotmann (SPD) plant weiterhin, auf dem Abschnitt zwischen Parchim (Kreis Ludwigslust-Parchim) und Waren (Kreis Mecklenburgische Seenplatte) ab 2015 Busse einzusetzen, weil es für die Bahn zu wenig Fahrgäste auf der Strecke gebe.

Malchow-Waren-Neustrelitz soll ganzjährig erhalten bleiben

Züge sollen weiterhin zwischen Hagenow und Parchim sowie Waren und Neustrelitz fahren. Außerdem soll die „Müritz-Bahn“ von Malchow über Waren nach Neustrelitz ganzjährig erhalten bleiben. Ursprünglich sollte sie ab 2015 nur noch in der Tourismussaison bedient werden. Bei einer Anhörung im Verkehrsausschuss des Landtags habe es deutliche Forderungen für eine ganzjährige Bedienung dieses Abschnitts gegeben, so dass er diese Entscheidung getroffen habe, sagte Schlotmann. Bei der geplanten Umstellung auf Busse soll auch der Luftkurort Plau eingebunden werden. Dort hatte die Bahn bislang nicht gehalten.

Linke: Streckenausbau würde mehr Fahrgäste bringen

Die Linksfraktion argumentierte in der Debatte genau anders herum: Es gebe so wenig Zugpassagiere, weil die Strecke so schlecht ausgebaut sei, sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion, Mignon Schwenke. Derzeit sei die Strecke zu langsam, es gebe erhebliche Wartezeiten beim Umsteigen. Sie fordert einen Ausbau, so dass die Züge bis zu 80 Kilometer in der Stunde fahren können. Schließlich sei die Region für den Tourismus besonders wichtig, so die Politikerin

Minister: Ausbau kostet laut Gutachten 47 Millionen Euro

Verkehrsminister Schlotmann lehnte einen Ausbau der Strecke ab. Dieser würde laut einem Gutachten mehr als 47 Millionen Euro kosten, das sei nicht verhältnismäßig. Es gebe nun einmal finanzielle Realitäten, an die er sich halten müsse, so der Minister. Um öffentliche Mobilität in einem sehr dünn besiedelten Land zu gewährleisten, müsse genau geprüft werden, wofür das Geld eingesetzt werde.

Kritik aus den betroffenen Regionen

Der Grünen-Abgeordnete Johann-Georg Jaeger forderte, die Südbahn trotz der plausiblen Argumente Schlotmanns zu erhalten. Das wäre ein Bekenntnis zur Region, so Jaeger. In den betroffenen Regionen hatte es zuvor bereits harsche Kritik an den Plänen Schlotmanns gegeben. Die Kritiker befürchten eine stufenweise Kompletteinstellung des dortigen Bahnverkehrs.

Die Südbahn kostet den Angaben zufolge derzeit jährlich rund 10,5 Millionen Euro. Mit dem neuen Konzept sei eine Ersparnis von drei bis vier Millionen Euro zu erwarten.

NDR

 

Klarstellung:

Der Investitionsbedarf von 47 Mio. verteilt sich auf die nächsten 30 Jahre.

Neben den finanziellen Realitäten gibt es auch noch die entwicklungspolitischen Realitäten: Um die Attraktivität des ländlichen Raumes für Arbeit, Wohnen, Tourismus, Gewerbe- und Industrieansiedlung zu erhöhen, muss die Infrastruktur verbessert und nicht abgebaut werden.

Infrastrukturabbau ist ein katastrophales psychologisches Signal für die ganze Region entlang der Südbahn.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ländliche Regionen „abgeschaltet“ werden sollen.

Otto Krachenfels

 

11.10.2013

Bahn muss nicht das Allheilmittel sein

11. Oktober 2013 SVZ Ausgabe Lübz-Goldberg-Plau Von: Simone Herbst

Die Touristiker in der Region hoffen, dass das angekündigte flexible Bus-System den bisherigen Service auf der abbestellten Strecke auffangen wird. Michael-Günther Bölsche

 

In Plau am See kennt man das Gefühl, günstige Verkehrsanbindungen zu verlieren: Immerhin war auf der Zugstrecke Meyenburg-Güstrow schon 2001 der Personenverkehr eingestellt worden. 12 Jahre sind das mittlerweile, in denen dieses Gleis ausschließlich Güterverkehr sah. Insofern überrascht es wenig, wenn die jetzt geplante Stilllegung des Abschnitts Parchim -Waren auf der von der ODEG bedienten Strecke Hagenow-Neustrelitz im Luftkurort durchaus kritisch beäugt wird. Denn während die Mecklenburgische Südbahn ab 2015 wie gewohnt zwischen Hagenow und Parchim sowie Waren und Neustrelitz verkehren soll, ist zwischen Parchim und Waren von einem flexiblen Bus-System die Rede. Plau am See soll dann neu in das Streckennetz eingebunden werden. Soweit die Planung. Nicht klar ist, wie das konkret aussehen soll.

Nach der Nord-Süd-Achse auf der Schiene verliert Plau am See jetzt also definitiv auch die West-Ost-Anbindung über den Bahnhof um Plauer Ortsteil Karow. „Und damit geht uns eine weitere Möglichkeit verloren, die Gäste in die Region zu holen und sie ohne Auto in der Region zu bewegen“, sagt Michael Wufka, Geschäftsführer der Tourist-Info Plau am See GmbH. Besonders krass trifft es den Tagestourismus. Wenn Gäste mit der Bahn aus Richtung Berlin anreisen wollen – und tatsächlich ist Plau für viele Hauptstädter attraktives Ausflugsziel – sei das abenteuerlich. Eine Stunde von Berlin nach Waren, dann umsteigen Richtung Malchow und dann per Bus… „Da ist ein Gast schon mal locker den halben Tag unterwegs“, rechnet Wufka. Die eigentlich lukrativen Tagestickets, die auch länderübergreifend genutzt werden können und den Tagestourismus in Plau und in der Umgebung ankurbeln, sind da im Grunde witzlos.

Ein funktionierendes Verkehrsnetz, in dem Bus, Bahn und – rund um den Plauer See und die große Schwester „Müritz“ – nicht zuletzt auch die Schifffahrt ineinander greifen, sind für die Tourismusbranche unerlässlich. Weil die Maschen so eng aber auch jetzt nicht sind, würden einige Touristiker vor Ort ihren Gästen einen Abholservice anbieten, der mit einigem Aufwand verbunden ist. Aushängeschild für eine ausgewiesene Urlaubsregion oder – wie von der Landesregierung schon mehrfach formuliert – die Tourismusperle im Nordosten schlechthin ist das nicht. „Außerdem, wenn die Gäste hier sind, möchte man ihnen auch Möglichkeiten bieten, sich ohne Auto in der Region zu bewegen“, sagt Wufka, der davon ausgeht, dass das ohne die West-Ost-Achse künftig ungleich schwieriger wird. Und Chef-Touristiker im Luftkurort hin oder her, Wufka geht davon aus, dass die durchgängige Verbindung Hagenow-Neustrelitz auch für viele Einheimische wichtig ist. Plau, Lübz, Parchim… „Es wird eine ganze Reihe Leute geben, die diese Zuganbindung nutzen, um zur Arbeit zu fahren. Andere, wahrscheinlich vor allem ältere Menschen, sind auf sie angewiesen, etwa wenn sie Termine beim Arzt wahrnehmen wollen/müssen, die Praxis aber nicht am Wohnort ist.“ Bei Fachärzten ist das 23 Jahre nach der Wende nicht die Ausnahme.

Trotzdem hält Plaus Cheftouristiker nichts davon, kompromisslos auf die Bahnanbindung zu pochen. „Die muss in meinen Augen nicht das Allheilmittel sein. Doch stellt sich mir die Frage, ob sich der Wegfall des Abschnitts Parchim -Waren durch eine Busanbindung auffangen lässt. Und wenn ja wie?“ Ein schönes Angebot kennt Michael Wufka von Neubrandenburg-Waren und Röbel-Rechlin. Hier verkehrt der sogenannte dat Bus. Schnell, direkt und stündlich, womit er Touristen gleichermaßen auf den Leib geschneidert ist wie den Einheimischen, die ihn für den Weg zur Arbeit oder Besorgungen nutzen. Das besondere Etwas: der angekoppelte Fahrradanhänger. Ein ähnliches Angebot hält auch die Neustrelitzer Reisewelt GmbH mit dem Rundbus vor, der um den Plauer See fährt. Allerdings nur in der Saison, also von Mai bis Oktober. Und auch nicht ohne die ausdrückliche Genehmigungen des Reisedienstes Parchim und der PVM Waren, jenen Busunternehmen, die die Strecke ganzjährig im ÖPNV bedienen. „Wir Touristiker meinen, es muss auf jeden Fall eine Möglichkeit geben, die zum Ende nächsten Jahres abbestellte Strecke aufzufangen“, sagt Michael Wufka. Ob das ein Rundbus sein könne, der neben Parchim, Plau und Waren noch andere Haltepunkte einschließe, müsse noch entschieden werden. Ebenso, ob eine saisonabhängige Variante ausreicht. Wenn sich ein solides vernünftiges Angebot mit dem Bus darstellen lasse, müsse das nicht schlechter sein. „Und sicher ist solch ein Problem in einem Ballungsgebiet leichter zu lösen als in einem Flächenland wie unserem“, ist sich Wufka sicher. Aber das sei Aufgabe der Politik.

 

08.10.2013

Lübz kämpft weiter für Bahnlinie

08. Oktober 2013 | SVZ Ausgabe Lübz-Goldberg-Plau Von: Ilja Baatz

Gegenwärtig weiß niemand, wie es nach dem Auslaufen der bis Ende 2014 geschlossenen Verträge mit der ODEG weitergeht. Eine Befürchtung ist, dass zum Beispiel Benutzer von Rollatoren die zumindest vorerst alternativ eingesetzten Busse nicht problemlos besteigen können.

Auch Bürgermeisterin Gudrun Stein setzt sich für den Erhalt der Bahnverbindung Hagenow – Neustrelitz ein und unterstützt die vorgestern in unserer Ausgabe veröffentlichten Äußerungen von Arnulf Schuchmann, Geschäftsführer der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (ODEG). Er hatte sehr offen vor allem das vom Land in Auftrag gegebene Gutachten zur Bewertung der Mecklenburgischen Südbahn scharf kritisiert. Demzufolge würde sich die Fahrtzeit mit Bussen verdoppeln.

Einen Tag hat sich die Verwaltungs-Chefin gut gemerkt. „Von der Planung des Landes, den Bahnverkehr ab Parchim in Richtung Neustrelitz einzustellen, habe ich zum ersten Mal am 13. September um 16.30 Uhr von der Presse bei einem Termin im Karower Meiler erfahren“, berichtet sie. „Eine Mitarbeiterin der SVZ rief mich an und fragte: ,Was sagen Sie dazu?’ Ich erwiderte ,Wozu?’, denn mich hatte man nicht informiert. Am Telefon bekam ich dann die vom Land verschickte Pressemitteilung vorgelesen.“ Wieder in Lübz entdeckte Gudrun Stein, dass man ihr eine E-Mail geschickt hatte, während sie ihren Termin wahr nahm. Es habe nicht einmal einen Versuch gegeben, sie im direkten Gespräch über diese für die Region zentral wichtige Entscheidung zu unterrichten: „Für mich ist diese Art des Umgangs miteinander ein Unding. Wenn auch das Land immer wieder davon spricht, dass alle vertrauensvoll miteinander umgehen mögen, stelle ich mir die Frage, was solche Worte noch wert sind.“

Die Bürgermeister aller größeren von der beabsichtigten Schließung betroffenen Städte in den Landkreisen Ludwigslust-Parchim und Mecklenburgische Seenplatte sind in dem Arbeitskreis Mecklenburgische Südbahn vereinigt. Ihr oberstes Ziel sei, die Verbindung auf der Schiene zu erhalten. „Ich weiß, dass die Bahnstrecke nicht durchgängig intensiv genutzt wird und verstehe, dass man zumindest prüft, wo man eventuell sparen könnte“, sagt Gudrun Stein. „So etwas muss jedoch Sinn machen, was nicht einmal ansatzweise der Fall ist, wenn die Verbindung zwischen Parchim und Waren gestrichen wird. Eine Analyse hat ergeben, dass etwa gerade der Abschnitt Lübz – Parchim zu den am besten genutzten gehört, was auch mit dem Berufsschulstandort Parchim zu erklären ist. Vom Bahnhof bis zu der Einrichtung läuft man maximal fünf Minuten.“

An den Beratungen des Arbeitskreises nahmen manchmal auch Vertreter des Landesverkehrsministeriums teil. Ihnen habe die Bürgermeisterin unter anderem auch schon die Frage gestellt, wie etwa gehbehinderte, auf einen Rollator angewiesene Senioren ihr Ziel mit Bussen erreichen sollen, weil diese auf keinen Fall schon jetzt durchweg mit Niederflur-Technik ausgestattet seien (Möglichkeit, die Einstiegsebene abzusenken, so dass zwischen Gehweg und Fahrzeugboden keine Schwelle zu überwinden ist). Die Antwort lautete, dass das Ministerium nur noch den Kauf solcher Fahrzeuge fördere. Für Gudrun Stein sei dies keine Lösung, weil man erst jüngst angeschaffte, herkömmlich ausgestattete Busse schon aus Kostengründen nicht sofort austauschen werde. Die komplette Umrüstung dürfte somit mehrere Jahre dauern.

„Und was ist, wenn zum Beispiel Klassenfahrten anstehen?“, fragt die Bürgermeisterin. „Häufiger wird etwa das Theater in Parchim besucht. Lehrer bezeichnen die Bahn vom Fahrplan her als optimal. Zudem lässt sich das Ziel kostengünstiger und umweltfreundlicher erreichen.“ Außerdem gebe es in Lübz keinen Kinderarzt. Eine Mutter und ihr Baby könnten sich jetzt noch problemlos samt Kinderwagen in den Zug setzen und nach Parchim fahren, was so bleiben müsse.

Für die Bahn sei das Land, für den Busverkehr der Landkreis zuständig. Im Gegensatz zur Stadt gebe es auf beiden Ebenen Fachleute, die diese Themen bewerten können. Jetzt müssten sich die lokale Verwaltung und die Stadtvertretung als Laien mit ihnen beschäftigen. Als solche seien sie aber nicht in der Lage, etwa das eingangs erwähnte Gutachten im Detail zu bewerten. Ohne zusätzliches Wissen liefen sie der Entscheidung hinterher. Auch deshalb sei sehr erfreulich, dass der ODEG-Geschäftsführer als Fachmann in dem SVZ-Gespräch so deutlich wurde. Seine Äußerungen müsse man ernst nehmen, weil er objektiv richtige Fakten genannt habe. Sie hätten nichts damit zu tun, sein Unternehmen in den Vordergrund zu spielen, weil es nicht darum gehe, Konkurrenten auszuschalten. Schließlich solle die Bahnverbindung komplett eingestellt werden.

Dem 2011 veröffentlichten Regionalen Raumentwicklungsprogramm (RREP) Westmecklenburg zufolge sollen die zentralen Orte im überregionalen Schienennetz bei Investitionen vorrangig berücksichtigt werden. Neben der Strecke Rehna – Parchim ist darin unter anderem auch die Verbindung Ludwigslust – Lübz mit den Städten Neustadt-Glewe und Parchim genannt. Dies habe niemand geändert. Für Gudrun Stein steht fest: „Unser Arbeitskreis wird sich nicht geschlagen geben, sondern sein Ziel weiter verfolgen.“

 

07.10.2013

Mit Bussen doppelt so lange unterwegs

07. Oktober 2013 Von: Ilja Baatz Bericht SVZ Ausgabe Lübz-Goldberg-Plau

 

Die vom Land ins Spiel gebrachte Überlegung, den Zugverkehr auf der Strecke Hagenow – Neustrelitz von Westen aus gesehen ab 2015 in Parchim enden zu lassen und die Weiterfahrt auf Busse zu verlagern, sorgt auch in unserer Region für große Bedenken. Vertraglich vereinbart ist, dass die Verbindung bis zu genanntem Zeitpunkt durch die Ostdeutsche Eisenbahn GmbH (ODEG) wie bisher aufrecht erhalten wird. Arnulf Schuchmann, Vorsitzender und Sprecher der Geschäftsführung des in Berlin beheimateten Unternehmens, hat jetzt das vom „Planungsbüro Verkehr“ im Auftrag des Landes erstellte Gutachten zu der Verbindung eingesehen und war nach einem ersten Überblick zu einer Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion bereit.

„Dass in den östlich von Parchim eingesetzten Zügen oft wenig Fahrgäste sitzen, wissen wir auch durch eigene Auswertungen“, sagt er. „Und sicherlich sind die Fahrzeiten relativ lang, weil die Strecke nur für eine Nutzung mit bis zu 80 km/h ausgebaut ist. Aber beispielsweise geht das Gutachten nicht auf die erhebliche Verschlechterung ein, dass sich die Zeiten durch die Busse noch wesentlich erhöhen würden und die Fahrgäste gezwungen wären, mindestens zweimal umzusteigen – in Parchim und Malchow etwa. Das ist für mich ein eklatanter Mangel.“ Bei den über Berlin und Güstrow führenden Alternativvarianten stelle sich zudem die Frage nach der Anerkennung von Ländertickets.

Das Gutachten betrachtet mehrere mögliche Fahrplan-Varianten. Laut der 1b etwa starten Züge morgens in Malchow und enden abends dort. Schuchmann zufolge würde dies für ihn bedeuten, Wagen nach Malchow bringen und sie hier stationieren zu müssen, was aus Sicht der ODEG mehr als unattraktiv wäre, weil hohe, nicht berücksichtigte Zusatzkosten entstünden. Laut Fahrplanausdruck sollen Züge wie Busse zudem auf dem Parchimer ZOB enden: „Das ist schlecht möglich, weil der Bahnhof in Parchim rund 1,8 Kilometer vom ZOB entfernt liegt. Eine Umsteigezeit von fünf Minuten ist da absolut unrealistisch.“ Vielleicht habe man aber auch nur die Haltestelle am Bahnhof zum ZOB erklärt. Dann stelle sich jedoch erneut die Frage, wie verlässlich das Gutachten sei. Variante 1c bringe sogar wieder die bereits seit einem Jahr tote Strecke Mirow – Neustrelitz ins Spiel. Prinzipiell gelten hier dieselben Aussagen wie die vorherigen, nur dass die Triebwagen in Waren vorgehalten werden müssten.

Geradezu „unfassbar“ sei Variante 2a, bei der sich die Fahrzeit etwa von Waren nach Ludwigslust von jetzt eineinhalb auf rund drei Stunden verdopple. 2b ist aus Sicht des Geschäftsführers ebenso unrealistisch: Hier fahren die Züge teilweise ab Parchim in Richtung Westen eine Minute vor Ankunft des Busses ab. Der fehlgeschlagene Anschluss bedeute eine Wartezeit von zwei Stunden. Ebenso würden die Busse in Richtung Lübz vor beziehungsweise zur selben Zeit abfahren, wenn die Busse ankommen. „Das sind für mich nicht mehr als theoretische Übungen – eine Katastrophe!“, sagt Schuchmann und setzt die Kritik fort: „Logisch wäre ein Lösungsansatz, der zum Beispiel sagt, dass die Fahrtzeit von jetzt eineinhalb auf eine gute Stunde verringert wird. Für nicht ganz 110 Kilometer zwischen Waren und Ludwigslust jedoch eine Verdoppelung als Möglichkeit zu präsentieren, kann ich kaum glauben. Auf ein Gutachten – auch in diesem Fall eine Grundlage, auf der Politiker weitreichende Beschlüsse fällen – muss ich mich verlassen können. Jeder Laie wird es als Autorität ansehen. In meinem Fall kann ich dieses Urteil nicht abgeben.“

Außerdem dürfe man bei der Auflistung langfristig notwendiger Investitionen in die Infrastruktur Bus und Bahn nicht direkt miteinander vergleichen, weil die vom Bus benutzte Straße eh vorhanden sei und man sie auch für andere Verkehrsteilnehmer instand halte. Wer keine eigenständige Betrachtung vollziehe, rechne die Bahn künstlich teuer.

Wer untersuche, wie man auf ein kombiniertes Bahn-Bus-Konzept umsteigen könnte, müsse zum Beispiel auch einbeziehen, wie etwa Rollstühle, Kinderwagen und Fahrräder auf der gesamten Strecke befördert werden können, was in der Bahn problemlos möglich sei. „Und was ist zum Beispiel, wenn 70 Leute bei uns aussteigen und mit dem Bus weiterfahren möchten?“, fragt der Geschäftsführer. „Werden dann zwei Busse eingesetzt und sind es von allen Menschen problemlos zu betretende Niederflurfahrzeuge ohne Stufen? Es wird immer wieder davon gesprochen, dass die Beförderungsqualität attraktiver werden soll. Das ist für mich nicht zu erkennen.“ Die beschriebenen Bus-Bahn-Verbindungen seien unattraktiv und führten dazu, dass sich noch mehr Menschen künftig ins Auto setzen.