Aktuelles Februar 2014

23.02.2014
Die Investitionskostenlüge
Gesamtes Papier mit Auszug aus dem Gutachten
Verstöße gegen Gesetze durch Abbestellung des SPNV

Zusammenfassung der Beurteilung zur Ermittlung der Investitionskostensumme von 47,5 Mio. € zum Erhalt der Südbahn

Fazit:
Das Verfahren zur Ermittlung dieser Investitionssumme ist unschlüssig und fragwürdig.

Begründung:

Zur Investitionskostenermittlung wird vom Gutachter folgende Feststellung vorangestellt:
„Die Gleisanlagen und weitere eisenbahnbetriebliche Anlagen im Abschnitt zwischen Parchim und Waren (Müritz) sind funktionsfähig und verkehrssicher für den derzeitigen Eisenbahnbetrieb.“

Nach diesen Feststellungen wäre ein Weiterbetrieb der Südbahn im Status Quo ohne Investitionen möglich.
Zur Vermeidung von zu erwartenden Geschwindigkeitseinbrüchen wären Investitionskosten wie im Folgenden erörtert, zu tätigen.

Die Investitionskosten sind in 3 Abschnitte unterteilt…

Unter der Annahme, dass die Investitionen der Stufe I und II vorrangig getätigt werden müssen, ergibt sich laut Gutachten ein Investitionsbedarf von 4.545.000 €. Hier gilt der Vorbehalt, dass alle Maßnahmen mit Neubaukosten kalkuliert worden sind und diverse Maßnahmen, wie das Durcharbeiten von Gleisen und die Profilierung von Gräben nach Aussage von Fachleuten zu hoch kalkuliert worden sind. Diese fragwürdigen Posten belaufen sich auf 2.275.000 €. Es ergibt sich ein „unstrittiger“ Posten von 2.270.000 € und realistischer Weise ein Abschlag von 50% auf den Fiktivposten, also 1.137.500 €.

Für Stufe I und II würden sich Investitionskosten in Höhe von 3.407.500 € ergeben.

Nach diesen Investitionen wären die Geschwindigkeitseinbrüche zwischen Parchim und Waren beseitigt.

Stufe III bedeutet einen Vollausbau der Strecke und ist optional.
Auch schon nach den Investitionen der Stufe I und II sind ein wirtschaftlicherer Betrieb der Strecke und Reisezeitverkürzungen möglich. Nachfolgende Tabelle zeigt, dass die im Gutachten überbetonten Geschwindigkeitseinbrüche gar keine gravierende Auswirkung auf die gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit haben.

Folgende Tabelle zeigt die heute realisierten Geschwindigkeiten auf den verschiedenen Teilabschnitten der Südbahn

Streckenabschnitt Strecken-länge Fahrtzeit Durchschnitts-geschwindigkeit Zul.Höchst-geschwindigkeit
Hagenow-Ludwigslust 25 km 20 min 75 km/h  
Ludwigslust-Parchim 26 km 30 min 52 km/h 60
Parchim-Lübz 14 km 16 min 52,5 km/h 60
Lübz-Karow 20 km 25 min 48 km/h 60
Karow-Malchow 13 km 13 min 60 km/h 80 teilweise
Malchow-Waren 22 km 26 min 50 60
Waren-Neustrelitz 36 km 25 min 86,5  

 

Nach Behebung der Geschwindigkeitseinbrüche und dem Ausfahren der Höchstgeschwindigkeit wäre eine Fahrtzeitverkürzung von 20 Minuten möglich.

Die Gesamtfahrtzeit beträgt heute 155 Minuten ( 2 Std. 35 Min.) für 156 km, die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt 60km/h.
Bei einer Gesamtfahrtzeit von 135 Minuten (2Stunden und 15 Minuten), nach Beseitigung der Geschwindigkeitseinbrüche, beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit 69,3 km/h.
Die reale Reisedauer auf der Gesamtstrecke beträgt heute ca. 3 Stunden und 30 Minuten.

Diese Darstellung zeigt, dass mit geringen Investitionskosten der Weiterbetrieb der Südbahn mit einer durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit von ca. 70 km/h möglich ist. Bei besserer Eintaktung und Vermeidung von Wartezeiten wäre eine Verkürzung der Gesamtreisezeit um eine Stunde möglich, wodurch weitere Nutzergruppen erschlossen werden könnten

Stufe III bedeutet einen Vollausbau der Strecke auf 80-120 km/h Höchstgeschwindigkeit und ist optional.
Hier stellt der Gutachter voran: „Die Erneuerung von Brücken, Gleisen, Weichen ist zustandsabhängig erforderlich“.

Der Vollausbau soll eine Höchstgeschwindigkeit von 80-120 km/h ermöglichen, dies ist aber nicht notwendig, weil durch die oben beschriebenen Möglichkeiten Reisezeitverkürzungen umgesetzt werden können.

Es ist im Gutachten keine Zustandsbeschreibung von Brücken, Gleisen und Weichen vorhanden. Wie soll sich der Zustand von Gleisanlagen und weiteren eisenbahnbetrieblichen  Anlagen die funktionsfähig und verkehrssicher sind (laut Gutachten) innerhalb kurzer Zeit so verschlechtern, dass 52,5 km Gleise und 5 Weichen für 25.744.000 € erneuert werden müssen. Warum sollen für 8.557.000 € Bahnübergangs-Sicherungsanlagen gebaut werden, die für einen Betrieb für 60 km/h Höchstgeschwindigkeit gar nicht nötig sind? Warum sollen für 4.810.000 € Brücken erneuert werden, wenn gar keine ingenieurtechnischen Unterlagen und Untersuchungen von diesen Bauwerken vorliegen?

Ausbaustufe III beinhaltet den Vollausbau der Strecke zwischen Parchim und Waren, den wir gar nicht brauchen, der aber in dem Gutachten mit 43.000.500 € zu Buche schlägt. Dies ist ein rein spekulativer Posten!

Fazit:

Zur Weiterführung des Bahnbetriebes für die nächsten 15 Jahre sind Investitionskosten von unter 5.000.000 € ausreichend. Im Übrigen muss darauf hingewiesen werden, dass die Infrastrukturbetreiber per Gesetz verpflichtet sind die Schieneninfrastruktur in gutem Zustand zu halten. Dafür sollen die Trassengebühren unter anderem auch verwendet werden. Dass aus einem kleinen Trassenstück der Südbahn pro Jahr 600.000 € Gewinn abgezogen werden können ist untragbar. Hat die Landesregierung da vielleicht schon eine Beschwerde beim Bundeseisenbahnamt eingereicht?

 

23.02.2014 

Stichpunktartige Zusammenstellung der Verstöße gegen Gesetze
und Verordnungen durch die Abbestellung des Schienenverkehrs auf der Südbahn.

Der essentielle Teil zur Anfechtung der Stilllegung besteht darin, dass das geplante Buskonzept im Schienenersatzverkehr keinen gleichwertigen Ersatz des jetzigen Angebotes darstellt.

Das Buskonzept hat zur Folge:

  1. Eine Verschlechterung der Qualität bezüglich der Barrierefreiheit. Benutzung durch Rollstuhlfahrer ist nicht mehr möglich, Mitnahme von Kinderwagen wird erschwert, Mitnahme von Fahrrädern wird unmöglich.
  2. Eine Verlängerung der Reisezeit, die die Zumutbarkeitsgrenze klar übersteigt, zum Teil Verdoppelung bis Verdreifachung der Reisezeit. Die Erreichbarkeit der Mittelzentren, die alle an der Südbahn liegen und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs bereitstellen, sind für die Bürgerinnen und Bürger in einer zumutbaren Zeit nicht mehr zugänglich.
  3. Zum gleichwertigen Ersatz gehört die Häufigkeit der Bereitstellung des Mobilitätsangebotes. Das Mobilitätsangebot wird im Buskonzept massiv ausgedünnt.

Daraus resultieren folgende Rechtsverstöße:

 

  1. Verstoß gegen das LEP 2005 – Verordnung
    Hier heißt es:  Zur besseren Erreichbarkeit der Zentralen Orte soll die Bahnlinie zwischen Hagenow und Neustrelitz vorrangig ertüchtigt werden.Hier heißt es auf S. 11:  1.3 Rechtsgrundlagen und Aufbau  „Die Kapitel 3 bis 7 enthalten die Programmsätze, die durch Landesverordnung zur Verbindlichkeit gebracht werden und justiziabel sind.“ Hierunter fällt auch 6.2.2 Öffentlicher Personenverkehr
  2. Verstoß gegen das RREP Westmecklenburg 2011 –  Verordnung
    Hier heißt es:  Um die Erreichbarkeit der Zentralen Orte untereinander zu verbessern, soll die Bahnlinie zwischen Hagenow und Neustrelitz vorrangig ertüchtigt werden.
  3. Raumordnungsgesetz – Bundesgesetz
    Oberstes Ziel der Raumordnung ist die Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen, speziell in ländlichen Räumen. Die Rücknahme erreichter Standards ist nicht zulässig. Nach dem Prinzip des Vertrauensschutzes müssen sich die Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen können, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu haben. Die Mobilität ist ein Grundpfeiler für gesellschaftliche Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen, auch von Menschen mit Handicap und Menschen die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Dafür hat der Staat im Rahmen seiner Pflichten für die Daseinsvorsorge die Verantwortung zu tragen.
  4. UN-Behindertenrechtskonvention – Menschenrecht
    In Art. 4 Ziff. c  der Behindertenrechtskonvention  werden die Behörden verpflichtet, den Schutz und die Förderung der Menschenrechte von Behinderten in allen politischen Konzepten und allen Programmen zu berücksichtigen. Handlungen oder  Praktiken, die mit  diesem Übereinkommen unvereinbar sind,  zu  unterlassen und dafür zu sorgen, dass die  Staatlichen Behörden und Öffentlichen Institutionen im Einklang mit  diesem Übereinkommen handeln.
     
  5. Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung
    Diese besagt:  Schienenersatzverkehr ist nur zulässig, wenn er gleichwertig ist mit dem zu ersetzenden Schienenverkehr. Die Gleichwertigkeit bezieht sich auf die Reisezeit, den Standard und Komfort und die Häufigkeit des zur Verfügung gestellten Mobilitätsangebotes. Unter Standard und Komfort fallen auch Toiletten, die im Schienenverkehr vorhanden sind, im Ersatzverkehr fehlen sie, sind aber wichtig für Menschen mit Handicap.
  6. Vertrauensschutz – Rechtsprinzip
    Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich in entlang der Südbahn eine Immobilie als Altersruhesitz erstanden, um im Alter, das vielleicht Mobilitätseinschränkungen mit sich bringt, nicht auf Mobilität verzichten zu müssen. Tourismusunternehmen haben in den Geschäftszweig Fahrradtourismus investiert, der nach der Einstellung des Schienenverkehres gar nicht mehr stattfinden wird. Arbeitnehmer haben sich an der Bahnlinie niedergelassen um große Entfernungen zum Arbeitsplatz schnell und sicher mit der Bahn zurücklegen zu können. Bis zur Bekräftigung des Ausbaus der Strecke Hagenow-Neustrelitz  im Regionalen Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg von 2011, konnte jedermann davon ausgehen, dass die Bahnstrecke nicht nur erhalten bleibt, sondern ausgebaut wird. Was ist mit dem Vertrauensschutz, sich auf das Handeln der Öffentlichen Verwaltung verlassen zu können?  Die Stilllegung auf der Süd bahn verletzt das Rechtsprinzip des Vertrauensschutzes!
  7. ÖPNV Landesplan – Verordnung
    Verstoß gegen darin formulierte Vorgaben.
  8. Regionale Nahverkehrspläne
    Verstoß gegen darin formulierte Vorgaben.

Diese Aufzählung soll nur als Anregung dienen, die rechtlichen Möglichkeiten zur Verhinderung der Abbestellung des Schienenverkehrs auf  der Südbahn intensiv zu prüfen.

Otto Krachenfels
Bürgerinitiative ProSchiene Hagenow-Neustrelitz
23.02.2014